Samstag, 08. März 2025 – Weltfrauentag
Eine Reise mit über 100 Italienern – Brüssel, wir kommen!
Die Reise begann früh am Morgen, nahe dem Kölner Hauptbahnhof. Zwei große Reisebusse standen bereit, um über 100 Italiener – voller Vorfreude und gutem Kaffee ausgestattet – nach Brüssel zu bringen. Schon beim Einsteigen herrschte lebhaftes Treiben: Stimmengewirr, Lachen, Umarmungen und viel Gestikulation. Wer jemals mit einer italienischen Gruppe unterwegs war, weiß: Langeweile kommt hier garantiert nicht auf.
Die Stimmung im Bus war heiter, von Anfang an. Es wurde gescherzt, Musik gespielt und bereits über das belgische Wetter und die erste Portion Pommes spekuliert. Die rund dreistündige Fahrt verlief angenehm, und je näher wir der belgischen Hauptstadt kamen, desto gespannter wurde die Atmosphäre.
Unser erster Zwischenstopp war das Atomium – ein monumentaler Einstieg in diese Reise, der sofort die Kameras zücken ließ. Doch dazu gleich mehr…


Zwischenstopp am Atomium – Belgiens seltsamster Aussichtsturm?
Schon aus der Ferne sieht man es glänzen: das Atomium, ein Bauwerk, das aussieht, als wäre es direkt aus einem Retro-Science-Fiction-Film entsprungen. Es war unser erster Halt – und obwohl wir es nur von außen bestaunten, hat es uns sofort in seinen Bann gezogen.
Das Atomium wurde zur Weltausstellung 1958 errichtet und stellt ein Eisenkristall dar, vergrößert um den Faktor 165 Milliarden. Neun riesige Kugeln – jeweils 18 Meter im Durchmesser – sind durch Röhren verbunden und bilden gemeinsam diese monumentale Struktur. Ursprünglich war es als temporäre Konstruktion geplant, doch das Bauwerk wurde so beliebt, dass es dauerhaft blieb und heute als das Wahrzeichen Brüssels gilt.
Kurios ist auch sein Standort: Man erwartet vielleicht ein zentrales Wahrzeichen mitten in der Innenstadt – stattdessen steht das Atomium etwas außerhalb, im grünen Stadtteil Laeken, zwischen Parkanlagen und dem Mini-Europa-Freizeitpark. Gerade dieser Kontrast – Hightech-Architektur in ruhiger Umgebung – verleiht dem Ort eine ganz besondere Stimmung.
Auch wenn wir nicht hineingingen, bot sich uns schon von außen ein beeindruckendes Bild. Die Kugeln spiegelten den Himmel, die Bäume und unsere staunenden Gesichter. Besonders aus der Nähe wirkt das Bauwerk fast surreal – als würde man mitten in einem überdimensionalen Kunstwerk stehen. Die Röhren zwischen den Kugeln erinnerten manche von uns an riesige Raumschiffgänge, andere fühlten sich an einen riesigen Atomkern erinnert.
Ein besonders schöner Moment: Unsere italienische Reisegruppe verteilte sich rund um das Atomium, um vor der imposanten Kulisse Erinnerungsfotos zu machen. Es wurde gelacht, posiert, Handys herumgereicht und noch schnell ein Snack ausgepackt, bevor es weiterging. Ein kurzer, aber eindrucksvoller Zwischenstopp, der mit seiner ungewöhnlichen Szenerie sicher allen im Gedächtnis bleibt.





Von Kathedralen und Königshäusern – Start in der Altstadt
Nach dem beeindruckenden Zwischenstopp beim Atomium ging es weiter ins Herz von Brüssel – in die Altstadt. Unser Stadtrundgang begann bei der Kathedrale St. Michael und St. Gudula, einer der bedeutendsten Kirchen Belgiens. Schon von außen wirkte das imposante gotische Bauwerk majestätisch, mit seinen zwei Türmen, die wie stille Wächter über die Stadt ragen.
Als wir davor standen, wurde es für einen Moment fast ruhig in unserer Gruppe – was bei über 100 Italienern schon etwas heißen will. Die fein gearbeiteten Fassaden, die Spitzbogenfenster und das Spiel von Licht und Stein ließen viele von uns ehrfürchtig innehalten. Die Kathedrale ist mehr als nur ein sakrales Bauwerk – sie erzählt Geschichte. Hier werden bis heute königliche Hochzeiten und offizielle Zeremonien abgehalten.
Einige aus der Gruppe warfen auch einen Blick hinein: Das Innere ist schlicht, aber würdevoll. Buntglasfenster tauchen den Raum in sanftes Licht, während das große Kirchenschiff mit seiner klaren Linienführung überrascht. Man spürt hier ein stilles Stück Belgien – fernab von EU und Bürokratie.
Nach einer kurzen Pause führte uns unser Weg weiter durch die kopfsteingepflasterten Gassen der Altstadt. Kleine Cafés mit Schokoladenduft in der Luft, Jugendstil-Häuser, Straßenmusiker – Brüssel zeigte sich von seiner charmantesten Seite. Und mit jeder Ecke, die wir passierten, schien die Stadt vertrauter zu werden.
Unser Ziel: die prachtvolle Galerie, in der uns Schokoladengenüsse und historische Geschichten erwarteten. Doch bevor wir dort eintraten, genossen wir einfach das Treiben der Stadt.
Schokoladenduft unter Glas – Die königliche Galerie und ihre süßen Geheimnisse
Wenige Schritte von der Altstadt entfernt betreten wir ein Bauwerk, das mit Eleganz und Geschichte glänzt: die Galeries Royales Saint-Hubert. Schon beim Durchschreiten der hohen Glasbögen überkommt einen das Gefühl, in eine andere Zeit zu treten – irgendwo zwischen Belle Époque und königlichem Flanieren.
Diese überdachte Passage wurde bereits 1847 eröffnet und war damals die erste ihrer Art in Europa. Und man spürt sofort, dass hier nicht nur eingekauft, sondern gelebt wurde – mit Stil, mit Anspruch, mit einem Hauch Noblesse. Die gusseisernen Arkaden, das Licht, das durch das Glasdach fällt, und die liebevoll dekorierten Schaufenster erschaffen eine Atmosphäre, die man eher aus alten Filmen kennt als aus einer modernen Hauptstadt.
Doch es ist nicht nur das Auge, das hier verwöhnt wird – es ist vor allem der Duft. Der süße, warme, einladende Duft von belgischer Schokolade, der wie ein zarter Vorhang durch die Gänge zieht. Kaum jemand kann hier widerstehen – und warum sollte man auch?
In einer der ältesten Chocolaterien der Galerie, deren Schaufenster mit Pralinen in Goldpapier und Marzipanskulpturen geschmückt war, legten wir einen kurzen, aber genussvollen Halt ein. Ob es Neuhaus war, der Erfinder der Praline, oder ein anderes traditionsreiches Haus – ich weiß es nicht mehr genau. Aber was ich weiß: Der erste Biss in eine zartschmelzende Praline war wie ein kleines Feuerwerk auf der Zunge. Und das sag ich nicht leichtfertig.
Viele dieser Manufakturen arbeiten noch heute nach alten Rezepturen – mit Hingabe, feinen Zutaten und einem Qualitätsanspruch, den man schmeckt. Hier ist Schokolade nicht einfach Nascherei – sie ist Kultur, Handwerk und ein Stück belgischer Identität.
Kurios und charmant zugleich: Früher flanierten hier Literaten und Künstler wie Victor Hugo, Baudelaire oder Alexandre Dumas. Man erzählt sich, sie hätten in den Cafés der Galerie geschrieben, philosophiert – oder eben Schokolade gegessen, wer weiß. Und während ich durch die Gänge ging, ein paar Pralinen in der Hand, stellte ich mir vor, wie jemand wie Hugo einst an genau diesem Ort seine Gedanken sammelte.
Die Galerie ist nicht groß – man durchquert sie in wenigen Minuten –, aber sie hinterlässt einen bleibenden Eindruck. Vielleicht, weil sie so viel vereint: Eleganz und Genuss, Geschichte und Gegenwart, Alltag und Zauber. Wer Brüssel besucht und nicht hier war, hat ein Stück Seele der Stadt verpasst.



Die Grand Place – ein Platz wie aus einem Bilderbuch
Kaum hatten wir die Galerie verlassen, öffnete sich vor uns ein Platz, der einem Märchenbuch entsprungen sein könnte: die Grand Place, das Herz Brüssels – und zweifellos einer der schönsten Stadtplätze Europas.
Kaum betritt man ihn, bleibt man automatisch stehen. Der Blick wandert unweigerlich nach oben, denn es ist nicht nur die Weite des Platzes, die beeindruckt – es sind vor allem die Fassaden ringsum, die in einem wahren Fest für die Augen erstrahlen. Goldverzierungen, verspielte Giebel, Statuen, Reliefs – jedes Gebäude scheint seine eigene Geschichte erzählen zu wollen. Und das tut es auch.
Die Häuser rund um den Platz gehörten einst den verschiedenen Zünften der Stadt – den Bäckern, Brauern, Steinmetzen oder Schneidern. Ihre stolzen Gildenhäuser sind nicht nur architektonische Meisterwerke, sondern auch Ausdruck des damaligen Selbstbewusstseins der Handwerkskunst. Besonders prachtvoll: das Haus der Brauer („Maison des Brasseurs“), das heute – ganz stilecht – ein Biermuseum beherbergt.
Ganz besonders ins Auge sticht natürlich das Rathaus, mit seinem 96 Meter hohen Turm und der Statue des Erzengels Michael ganz oben. Lustiger Fakt am Rande: Der Bau ist asymmetrisch – eine Seite des Gebäudes ist länger als die andere. Der Legende nach soll sich der Architekt, als er diesen Fehler bemerkte, vom Turm gestürzt haben. Ob’s stimmt? Wer weiß. Aber in Brüssel liebt man solche Geschichten.
Auf der gegenüberliegenden Seite steht die ehemalige Königliche Brothalle, das sogenannte Maison du Roi – obwohl hier nie ein König wohnte. Auch das ist typisch Brüssel: etwas Pomp, etwas Widerspruch und viel Charme.
Ein Highlight, das wir leider nicht selbst erlebten, aber man sich merken sollte: alle zwei Jahre im August verwandelt sich der gesamte Platz in ein riesiges Blumenteppich-Mosaik, aus Tausenden von Begonien – ein spektakuläres Ereignis, das Besucher aus aller Welt anzieht.
Die Grand Place ist kein Ort, den man einfach nur „besichtigt“. Man lässt sich von ihr einnehmen, bestaunt sie, verliert sich in Details – und verliebt sich ein kleines bisschen in Brüssel.






Manneken Pis – kleiner Mann, große Geschichte
Nur wenige Gehminuten von der Grand Place entfernt, an einer eher unscheinbaren Straßenecke, versammelten sich plötzlich Menschentrauben. Der Grund? Ein kleiner Junge aus Bronze, der seelenruhig – und sehr öffentlich – in einen Brunnen pinkelt: der weltberühmte Manneken Pis.
Mit gerade einmal 61 Zentimetern ist er einer der kleinsten großen Stars Europas. Und doch hat er es geschafft, zum heimlichen Symbol Brüssels zu werden – vielleicht gerade wegen seiner schrägen, fast schelmischen Art. Während andere Städte stolze Reiterstandbilder oder marmorne Heldenfiguren aufstellen, hat Brüssel eben ein pinkelndes Kind. Und irgendwie passt das ganz wunderbar zur Eigenart dieser Stadt: charmant, leicht schräg und mit einem Augenzwinkern.
Die Figur stammt vermutlich aus dem 17. Jahrhundert, doch der Ursprung ihrer Entstehung ist bis heute von Legenden umrankt. Eine besagt, ein kleiner Junge habe durch sein mutiges Urinieren eine brennende Lunte gelöscht und damit die Stadt vor einer Explosion bewahrt – heldenhaft pinkelnd, sozusagen. Eine andere erzählt von einem verlorenen Kind, das nach stundenlanger Suche eben genau dort gefunden wurde – erleichtert und beschäftigt.
Was den kleinen Kerl besonders kurios macht: Er hat eine riesige Garderobe! Über 1.000 verschiedene Kostüme besitzt Manneken Pis – vom Elvis-Outfit über einen Feuerwehranzug bis hin zu landestypischer Kleidung aus aller Welt. Zu besonderen Anlässen wird er sogar offiziell umgezogen – mit Musik, Fanfare und viel Stolz. In einem kleinen Museum um die Ecke kann man viele seiner Outfits bestaunen – ein wahrhaft modisches Phänomen.
Und falls man denkt, das war’s schon mit pinkelnden Statuen – weit gefehlt. Brüssel hat zwei weitere!
In einer kleinen Seitengasse versteckt sich Jeanneke Pis – das weibliche Pendant in Hockstellung, eingefasst von einem Gitter. Und wer dann immer noch nicht genug hat, der sollte Zinneke Pis suchen – einen pinkelnden Hund aus Bronze, der ganz entspannt an einem Poller „sein Geschäft erledigt“.
Es ist diese herrliche Selbstironie, mit der Brüssel seine Wahrzeichen zelebriert. Und es ist unmöglich, dem Charme dieser Figuren nicht zu erliegen. Man muss sie einfach mögen – nicht weil sie groß oder mächtig sind, sondern weil sie frech, eigen und unverwechselbar sind.
Manneken Pis zeigt: Es braucht nicht viel, um weltberühmt zu werden – manchmal reicht eine kleine Geste und ein großer Charakter.

Ein letzter Streifzug durch Brüssels Gassen – Souvenirs, Pommes und ein Hauch Gelassenheit
Nach unserem Besuch bei Manneken Pis setzte sich die Führung fort – diesmal mit einem etwas ruhigeren Tempo. Wir schlenderten durch die verwinkelten Gassen rund um die Grand Place, vorbei an kleinen Boutiquen, gemütlichen Restaurants und den vielen kunstvoll verzierten Fassaden, die dem Zentrum von Brüssel seinen unverwechselbaren Charakter verleihen.
Ein markanter Halt war die ehemalige Brüsseler Börse, die Bourse de Bruxelles. Das beeindruckende Gebäude aus dem 19. Jahrhundert, mit seinen Säulen, Statuen und der prächtigen neoklassizistischen Fassade, strahlt bis heute Würde und Finanzgeschichte aus – auch wenn hier längst keine Aktien mehr gehandelt werden. Heute ist es ein Ort für Kultur und Begegnung, aber das ehrwürdige Flair der Hochfinanzzeit ist geblieben.
Kurz darauf entdeckten wir einen weiteren, eher stillen Brunnen – ein kleiner, ruhiger Ort zwischen all dem Trubel. Ein schöner Kontrast zum weltberühmten Manneken Pis und ein Moment zum Innehalten.
Wenig später kehrten wir zur Grand Place zurück, wo unsere geführte Tour endete. Doch der Tag war noch lange nicht vorbei – es blieb Zeit zur freien Verfügung, und die nutzten wir auf ganz individuelle Weise. Ich schlenderte durch die Gassen, kaufte Souvenirs: feine Schokolade, bunte Magnete, eine kleine Manneken-Pis-Figur – ganz klassisch. Für mich, für Freunde, für die Familie. Kleine Dinge, große Erinnerungen.
Mit einigen aus der Gruppe ließen wir uns schließlich an einem Imbiss nieder – es war Zeit für das, worauf wir alle insgeheim gewartet hatten: echte belgische Pommes. Knusprig, goldgelb, doppelt frittiert. Serviert mit großzügiger Sauce – ob Mayo, Andalouse oder Ketchup – jede Variante ein Volltreffer.
Danach zog es uns zurück zur Galerie, diesmal nicht wegen Schokolade, sondern wegen einer Kaffeepause. In einem der eleganten Straßencafés unter dem gläsernen Dach bestellten wir Cappuccino, setzten uns an kleine Bistrotische und genossen diesen wohlverdienten Moment des Innehaltens. Müde Füße, aber wacher Geist – wir plauderten, lachten, beobachteten das Treiben um uns herum und ließen Brüssel langsam auf uns wirken.
Schließlich ging es zurück zum Startpunkt an der Kathedrale, wo unsere Reisebusse bereits warteten. Die Sonne stand nun tiefer, das Licht wurde weicher. Brüssel verabschiedete uns mit goldenem Glanz – würdevoll, wie eine Stadt, die weiß, dass sie nicht laut sein muss, um zu wirken.


Fazit: Brüssel – altvertraut und doch neu entdeckt
Brüssel und ich – wir haben bereits eine kleine gemeinsame Geschichte. Ich war schon dreimal zuvor hier: einmal mit meinen Eltern in meiner Jugend, ein weiteres Mal mit der Schule, wo wir das Europäische Parlament besuchten, und ein drittes Mal mit einem italienischen Verband, bei dem meine Familie aktiv war. Doch alle diese Besuche hatten eines gemeinsam: Sie waren spontan, kurz und ohne Führung – ein schneller Abstecher zur Grand Place, ein Foto hier, ein paar Schritte dort. Viele Ecken der Stadt blieben mir dabei verborgen.
So gesehen war diese Reise ein Brüssel-Erlebnis der ganz neuen Art. Diesmal haben wir einen ganzen Tag in der Stadt verbracht – mit einem durchdachten Programm, Zeit zum Verweilen und einer sachkundigen Führung, die so manche Tür in meinem Verständnis dieser Stadt geöffnet hat.
Zum ersten Mal stand ich wirklich vor der Kathedrale St. Michael und St. Gudula, deren Existenz mir bei früheren Besuchen gar nicht bewusst war. Auch die Galeries Royales Saint-Hubert – ein architektonisches Juwel voller Geschichte und Schokoladenduft – hatte ich bisher nie betreten. Es ist erstaunlich, wie viel man übersehen kann, wenn man nur an der Oberfläche bleibt.
Selbst der Manneken Pis, den ich bei jeder meiner früheren Reisen gesehen hatte, bot mir diesmal eine Überraschung: Zum ersten Mal war er bekleidet – in einem rot-blauen Gewand mit dunkler Mütze, stolz und würdevoll. Bisher hatte ich ihn immer nur „klassisch nackt“ erlebt. Und plötzlich wurde aus der kleinen Brunnenfigur ein Symbol für all das, was mir diese Reise gezeigt hat: Dass selbst Altbekanntes neu sein kann, wenn man mit offenen Augen zurückkehrt.
Diese Reise war für mich kein bloßes Wiedersehen – sie war ein echtes Kennenlernen. Brüssel hat mich überrascht, berührt, belehrt. Es war, als hätte ich die Stadt zum ersten Mal wirklich gesehen. Und ich weiß: Wenn ich wiederkomme – und das werde ich sicher – werde ich erneut Neues entdecken.